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Das Todesjahr Friedrich Wilhelms I. -war nicht allein fürpreussen,
sondern anch für ganz Deutschland ein folgenschweres Jahr; denn es starb
in demselben auch der deutsche Kaiser, Karl Vi. Dieser hatte nur
eine Tochter, Maria Theresia. Da aber die Vererbung der Krone auf eine
Tochter im Hause Habsburg ungewöhnlich war, so hatte der Kaiser durch
ein Erbgesetz bestimmt, dass alle österreichischen Länder ungetrennt, nach
dem Rechte der Erstgeburt, und in Ermangelung männlicher Nachkommen,
auf die Töchter -vererben sollten. Kaum hatte aber der Kaiser die Augen
geschlossen und seine Tochter Maria Theresia die Regierung angetreten, da
traten mehrere Fürsten gegen sie auf und erhoben Ansprüche auf die öster-
reichische Erbschaft. Unter diesen war auch der König von Preussen,
Friedrich Ii. Er verlangte die Abtretung des Herzogthums Schlesien,
auf welches seine Vorfahren ihre Ansprüche wiederholt bei dem Kaiser vor-
gebracht hatten, aber ohne Erfolg. Daraus gingen drei Kriege hervor,
welche die schlesischen Kriege heissen. Der erste war von 1740—42,
der zweite von 1744—45, und der dritte von 1756—63, welcher letzter«
auch der siebenjährige Krieg genannt wird.
3ä. Friedrich Ii., König von Preußen.
(1710-1786.)
Von den Königen der neueren Zeit ist kaum einer im In- und
Auslande, bei Hohen und Niedrigen so bekannt und beliebt gewesen,
als der König von Preußen, Friedrich der Zweite, auch der Große,
Lei seinen Soldaten aber der alte Fritz genannt. Das kam daher,
weil er ein ganzer Mann war, der Kopf und Herz auf dem rechten
Fleck sitzen hatte und nicht zu stolz war, einen jeden, auch den Geringsten,
anzuhören. Was er im Kriege, besonders in dem siebenjährigen
(1756—1763), geleistet hat, wie er sich gegen einen sechsmal stärkern
Feind unerschrocken herumschlug und meistens siegte, das läßt sich in
der Kürze nicht erzählen; denn es waren der Schlachten gar viele,
und Friedrich stand bald in Preußen gegen die Russen, bald in
Schlesien und Böhmen gegen die Österreicher-, bald in Sachsen
gegen die Franzosen, die übrigen Feinde noch gar nicht gerechnet.
Wenn man von diesen Kriegsthaten des alten Fritz erzählen wollte, dann
müßte man auch von seinen heldenmüthigen Generalen Meldung thun,
von dem unerschrockenen Feldmarschall Schwerin, der mit der Fahne
in der Hand seine Soldaten gegen den Feind führte (Schlacht bei
Prag, 6. Mai 1757), aber von einer Kartätschenkugel niedergerissen
wurde — von dem alten Husarenanführer Ziethen, welcher sich mit
dem Schreiben nicht gern abgab, aber desto tapferer in die Feinde einhieb,
gleichwohl aber in der größesten Noth noch auf Gott vertraute — auch
von dem rüstigen Kürassiergeneral Seidlitz, welcher das französische Heer
in der Schlacht bei Roßbach fast allein aus einander sprengte, und
die französischen Mittagstafeln noch gedeckt und mit warmen Speisen
besetzt fand. Diese und gar viele andere Helden halfen dem König
Friedrich seine Schlachten gewinnen, oder, wenn er eine verloren hatte,
sich aus der Verlegenheit wieder herausziehen. Deshalb behandelte
er sie aber auch wie seine Freunde, und als Ziethen als 75jähriger
Greis an der königlichen Tafel einmal einschlief und die Höflinge dies
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Preussen Schlesien Sachsen Prag Roßbach
I
Geschichte.
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stimmt. Friedrich mußte aber in Küftrin bleiben
und an der Regierungsbehörde, der „Kriegs- und
Domänenkammer", fleißig arbeiten, damit er die
Verwaltung des Landes genau kennen lernte. Der
sehr tüchtige Vorsteher der Kammer wies ihn darauf
hin, von welcher Wichtigkeit der Besitz des frucht-
baren und gewerbfleißigen Schlesiens f sowie die
ungehinderte Schiffahrt auf der Oder für Branden-
burg und Pommern sein würde.
3. Versöhnung mit dem Vater. Nach ein-
einhalb Jahren nahm der König den Prinzen wieder
in Gnaden auf. Er durfte zur Hochzeit seiner
Schwester nach Berlin kommen und wurde zum Oberst
eines Infanterieregiments ernannt. Die Zeit in
Küftrin war eine harte Schule für den Prinzen
gewesen. Als sein Vater ihm bald darauf die
Prinzessin Christine von Braunschweig, eine ver-
wandte des Kaisers, zur Gemahlin bestimmte, fügte
er sich schweigend, wenn auch mit tiefem Schmerze. Um das Lob des Königs zu ver-
dienen, widmete er sich mit großem Eifer der Ausbildung seines Regiments. Er lernte
seinen Vater auch jetzt besser verstehen. Als er im polnischen Erbfolgestreite (5. 87)
an den Rhein gesandt wurde, um den Krieg kennen zu lernen, sah er mit Stolz,
wieviel besser die preußischen Truppen waren als die kaiserlichen, und auf einer
Reise nach Ostpreußen erkannte er mit Staunen und Bewunderung, was sein Vater
für die Wohlfahrt des Landes geleistet hatte. Der König war mit ihm zufrieden
und schenkte ihm das Schloß Rheinsberg bei Reu-Ruppin. Dort hat Friedrich sich
ungestört mit Dichtkunst, Musik, Geschichte und andern Wissenschaften beschäftigt und
im Kreise von Freunden vier glückliche Jahre verlebt.
4. Friedrich wird König. Als Friedrich Wilhelm I. sein Ende nahen fühlte,
rief er den Kronprinzen an sein Lager, völlig versöhnt, schloß er den Sohn in die
Arme und warnte ihn sterbend vor dem Hause Habsburg, von dem Preußen nur Un-
dank geerntet habe. — Rach seiner Thronbesteigung traf Friedrich einige Änderungen.
Er schaffte die Folter bei der Rechtspflege ab und ließ den Zeitungen, die bis dahin
nur drucken durften, was ihnen zuvor erlaubt war, mehr Freiheit. Den Religions-
bekenntnissen gegenüber war er sehr duldsam und erklärte: „hier muß ein jeder nach
seiner Fasson selig werden!" Die Akademie der Wissenschaften erneuerte er. An der
sparsamen Staatsverwaltung aber wurde nichts geändert. Gleich seinem Vater wollte
Friedrich alles selbst beaufsichtigen, „sein eigner Minister sein". Die Potsdamer Riesen-
garde löste er zwar auf, errichtete jedoch für das Geld, das sie gekostet hatte, neue
Regimenter, so daß das Heer auf 90 000 Mann anwuchs.
Maria Theresia. Nach dem Tode Karls Vi., des letzten Habsburgers, trat seine Tochter
Maria Theresia die Herrschaft über die österreichischen Trblande an. Sie verheiratete sich mit
Franz von Lothringen und wollte die Wahl ihres Gemahls zum Kaiser durchsetzen. Der
Kurfürst von Bayern, der mit den Habsburgern verwandt war, erkannte aber die weibliche
Erbfolge nicht an und erhob Anspruch auf Land und Kaiserkrone. — Da die Versprechungen,
die Friedrich Wilhelm I. einst erhalten hatte, nicht erfüllt worden waren (S. 87, 5), machte
Friedrich Ii. die alten Rechte Preußens auf Schlesien geltend (5. 75, 7 u. 78); denn schon der
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